27.01.2025 - In der öffentlichen Gemeinderatsitzung
gibt Stefan Kragler folgende Stellungnahme des
Freien Wählerblocks in Sachen Rathausneubau ab:
Zunächst vielen Dank für die Ausführungen zum erfolgreichen Bürgerbegehren,
unseren Glückwunsch für die große Anzahl an Unterschriften.
Gerade weil so viele unterzeichnet haben, ist der Freie Wählerblock der
Auffassung, dass der Bürgerentscheid umgesetzt werden muss. Aber auch, weil
viele Stimmberechtigte nicht gehört wurden, die Unterschriftslisten waren nicht
für alle zugänglich und es wurde nur einseitig abgefragt.
Der Bürgerentscheid bietet nun allen Wahlberechtigten die Chance zwischen Ja
oder Nein zu entscheiden.
Neben Bürgermeister Schabel und weiteren Gemeinderäten hat der Freie
Wählerblock am 02.12.2024 für den Rathausneubau gestimmt. Ich möchte kurz
darauf eingehen, warum es wichtig ist, für diesen Beschluss zu kämpfen.
Die aktuell veranschlagten Kosten sind hoch, allerdings für die Gemeinde zu
stemmen, da sich die Investition auf 2-3 Jahre verteilt. Aufgrund der hohen
Zuschüsse von ca. 2,9 Mio Euro werden bei der Gemeinde schlussendlich 4,6 Mio
verbleiben. Förderungen von 2,9Mio, Geld, das wir nicht zurückzahlen müssen,
das uns zusteht, das wir als finanzschwache Kommune nicht nur beantragen
dürfen, sondern auch müssen.
Wenn die Gemeinde nicht mit dem genehmigten Bau beginnt, riskieren wir den
Verlust wichtiger Förderungen:
- die EEG-Förderung von knapp 300.000 Euro wird gänzlich weg sein, weil es
diesen Kfw-Zuschuss nicht mehr gibt. Ob es hier nach der Bundestagswahl eine
Neuauflage geben wird, bleibt abzuwarten und ist eher unwahrscheinlich.
- die Ausgleichsstockförderung in Höhe von über 800.000 Euro muss
zurückgegeben werden und bei einer neuen Planung neu beantragt werden. Die
Zuschusshöhe wird dann neu festgesetzt. Eine Neubeantragung des
Ausgleichsstockzuschusses hat in den vergangenen Jahren, bei ähnlichen
Projekten mindestens 2, teilweise bis zu 4 Anläufe benötigt. Dies bedeutet 2-4
Jahre Zeit, die bis zu einer Bewilligung verstreichen können. Wie bekannt sein
sollte, darf vor einer Förderentscheidung nicht mit dem Bau begonnen werden.
- dieser Zeitverzug könnte dazu führen, dass der Zuschuss aus dem
Landessanierungsprogramm in Höhe von ca. 1,8 Mio gefährdet ist. Die höchste
Förderung, die wir aufgrund dessen erhalten, weil wir den Ortskern von
Dischingen in das Landessanierungsprogramm aufnehmen konnten. Die
Aufnahme konnte der Gemeinderat gemeinsam mit der Verwaltung umsetzen und
es können/konnten auch Privatpersonen von diesem Programm profitieren.
Das geplante Rathaus ist hinsichtlich Funktions- und Bewegungsflächen sowie
Verkehrswegen gemäß den Arbeitsstättenrichtlinien angemessen ausgelegt.
Aufgrund dessen, dass der Bau über keinen Keller verfügt ist es auch richtig
vielleicht den einen oder anderen Raum mehr zu haben. Niemand würde ein
Gebäude, das für die nächsten 50-80 Jahre ausgelegt ist auf Kante nähen. Wir
müssen eine gewisse Flexibilität sicherstellen, um nicht bei kleinsten
Veränderungen neue Flächen anmieten zu müssen.
Diskussionen hinsichtlich Kubatur, Flächen und sogar die Entfernung eines
Stockwerkes wurden in diesem Gremium ausreichend oft und öffentlich geführt.
Aus unterschiedlichsten Gründen mussten diese Ansätze wieder verworfen
werden. Das Gebäude darf und sollte die Gemeinde repräsentieren und
gleichzeitig eine einladende Atmosphäre für bestehende und neue Mitarbeiter
schaffen. In den kommenden Jahren werden wir uns bei der Besetzung neuer
Stellen immer im Wettbewerb mit anderen Kommunen behaupten müssen.
Fakt ist, dass der Neubau schon mehrere Jahre regelmäßig Thema in öffentlicher
Sitzung war. Es wurden Alternativen untersucht, es wurde ein Wettbewerb
durchgeführt und der Altbestand bewertet. Hierfür wurden schon über eine ½
Million ausgegeben.
Wenn nun kleiner gebaut werden sollte, dann muss erneut geplant und das
Gebäude baurechtlich genehmigt werden. Planungskosten die erneut anfallen
werden. Aber auch Zeit, die weiter vergehen wird und Förderungen die neu
beantragt werden müssen. Jeder, der schon gebaut hat, weiß, dass es nicht
realistisch ist, dass bis Januar eine neue Baugenehmigung vorliegt. Also kann
eventuell frühestens 2027 der Ausgleichstock beantragt und ggf. Ende 2027,
Anfang 2028 begonnen werden. Auch die Baupreise werden sich in dieser Zeit
verändern und die Städtebauförderung bleibt ein Unsicherheitsfaktor.
Nachdem kein anderes Großprojekt inklusiv Förderzusagen fertig geplant in der
Schublade liegt und anstelle des Rathauses dieses Jahr umgesetzt werden
könnte, werden durch die Verschiebung des Rathausbaus auch alle anderen
Maßnahmen in weite Ferne geschoben, was unserer Auffassung nach nicht
vertretbar ist. Der Gemeinderat hat das Rathaus auf Priorität 1 gesetzt und da soll
es auch bleiben.
Zu bedenken wollen wir hier auch mit auf den Weg geben, dass in diesem Fall die
Verwaltung ja weiterhin im Altbestand verbleiben muss. Ich hoffe und wünsche,
dass alle der ca. 900 Unterzeichnenden im letzten Jahr einmal im Rathaus waren,
und über die Zustände und Missstände an den Gebäuden Bescheid wissen. Bleibt
zu hoffen, dass hier nicht noch Unterhaltungsaufwand im größeren Maße
entsteht.
Der Freie Wählerblock wird deshalb weiterhin für den Beschluss vom 02.12.2024
kämpfen, weil wir nicht wollen, dass nochmal Jahre für Planung vergehen und
andere Projekte dadurch auch weiter mit nach hinten verschoben werden
müssen. Außerdem bezweifeln wir, dass ein „kleinerer“ Bau letztendlich
günstiger sein wird. Wir sprechen uns für die gemeinsam von Gemeinderat,
Verwaltung, Fachleuten und der Öffentlichkeit erstellten Planung aus, für etwas
mehr Platz der auch Flexibilität zulässt. Keiner weiß, was in 50 Jahren ist.
Der Abbruch von Haus Bairle und die Zurücksetzung des Neubaus schafft
zusammen mit dem Vorplatz der Bank einen Marktplatz, wie ihn Dischingen
bisher nicht hatte und stets wünschte. Ein Gesamtkonzept für die Ortsmitte von
Dischingen ist eine weitgefasste Aussage und schon allein der Begriff was zur
Ortsmitte gehört, kann vielfältig gedeutet werden. Letztendlich waren bereits
Konzepte für das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum und zuletzt auch für
das Landessanierungsprogramm nötig. Der Großteil der Flächen sind im
Privateigentum und über diese Programme kann ein jeder der
Grundstückseigentümer mit einer Förderung seinen Beitrag zur Gestaltung des
Ortskerns leisten.
Egal welches Ergebnis der Bürgerentscheid bringen wird, es wird keine Gewinner
geben, nur Verlierer. Die Stimmung im Gemeinderat, in der Gemeinde in den
Vereinen, den Organisationen den Freundeskreisen ist dem Tiefpunkt nahe und
einige Parolen führen dazu, dass die zwischenmenschlichen Gräben noch tiefer
werden. Wir müssen schauen, dass wir nach dem Bürgerentscheid die Gräben
wieder einebnen und nach vorne schauen um die Projekte und die Gemeinde mit
Ihren Bürgerinnen und Bürgern weiterbringen.
Sehr geehrte Ratsmitglieder, die Bürger haben ein Begehren und wir sind
verantwortlich, dass dieses Begehren in einen Bürgerentscheid mündet. Es geht
darum, dass wir die Unterschriften von 900 Mitbürgerinnen und Mitbürger
respektieren müssen, allerdings sind wir auch verpflichtet, die Mitbürgerinnen
und Mitbürger einzubeziehen, die nicht unterschrieben haben. Wir müssen allen
die Chance geben, mit ihren Stimmen ihre Meinung kundzutun und abzustimmen.
Wir hoffen, dass wir weiterhin die Bürgerinnen und Bürger mit Fakten informieren
und überzeugen dürfen und wir baldmöglichst mit dem Rathausneubau beginnen
können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkei